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Khylon

Auf leisen Pfoten

Tripp, Trapp, Tripp, Trapp… ein kaum wahrnehmbares Tippeln war zu vernehmen. Vorsichtig huschten die beiden zwischen den Bäumen entlang. Es war später Nachmittag. Immer dann verspürten sie Hunger und sie begaben sich auf die Suche nach etwas Fressbaren. Darroheim war das Ziel. Dort lebten die Menschen und bei denen fiel immer etwas ab. Gerne etwas Brot oder auch ein wenig Trockenfleisch.

Doch in letzter Zeit hat sich vieles geändert. Immer mehr Menschen waren auf der Flucht. Auch den beiden ist es nicht entgangen, dass etwas unheimliches aufzog. Seit 4 Tagen waren sie nicht mehr in Darroheim gewesen, denn das letzte mal dort war alles auf den Beinen, es war zu gefährlich. Aber nun bestand die Hoffnung, dass sich Ruhe über den Ort gelegt hat. Vielleicht waren ja alle fortgereist. Krieg zieht auf, so raunte es in den Wäldern.

Somit bestand die Chance, dass sie in Ruhe die Reste der Speisekammern leerräumen könnten. Und deshalb trauten sie sich auch wieder in die Nähe der Menschen, die sie doch fast alle so sehr hassten. Tripp Trapp Tripp Trapp machten die Rattenpfoten. Geschickt von Deckung zu Deckung, immer wieder auf die Hinterbeine stellend um die Nase in die Luft zu recken. Die beiden weissen noch jungen Ratten waren Brüder. Sie waren schon immer die Mutigsten aus dem Rudel. Doch hatten sie auch ein kleines Geheimnis. Denn sie waren vielleicht mutig, aber doch nicht wahnsinnig zu oft zu den Menschen zu gehen. Es gab in Darroheim auch zwei Menschen, die nicht gleich mit der Schaufel nach ihnen schlugen. Sie hatten keinen Ekel oder Angst vor ihnen. Sie warfen ihnen immer ein paar Leckereien zu und grundsätzlich stand auch ein Napf mit frischen Sachen und Körnern vor ihrem Haus. Was wohl aus ihnen geworden sein mag? Beim letzten Besuch waren sie nicht mehr da. Schon traurig… jeden Abend kamen die beiden Ratten sonst zum futtern bei ihnen vorbei. In all dem Trubel in der Ortschaft haben sie ihre Menschen auch nicht mehr gefunden.

Heute war die Aussicht aber einen Blick auf die Reste der Menschenbehausungen, und auf die Sachen die sie eventuelle unbeaufsichtigt zurückgelassen haben. Besser als nichts, aber auch gefährlicher als einfach an einen gefüllten Napf zu gehen der bereit stand. Waren noch Menschen da? Und was machen sie, wenn überhaupt keine mehr wiederkommen? Was wird die Zukunft bringen.

Husch… die Nase in die höhe. Witterung aufnehmen. Ein Blick nach rechts… keine Gefahr. Fieps… der zweite kam nach. Sie waren ein eingespieltes Team. Und kannten jeden Grashalm auf dem Weg. Sie nutzen die Deckung. Die Gefahr resultiert auf dem Weg dorthin ja nicht von den Menschen, nein auch andere Tiere waren in der Gegend auf der Jagd.

Noch eine kurze Strecke bis zum Ort. Tapps Tapps… so liefen sie. Ein seltsamer Geruch ist heute in der Luft. Es ist fast nebelig. Unsicherheit stand in ihren Augen. Ein kurzes Blicke austauschen, dann die Entscheidung. Sie schauen nach. Hunger.

Das erste Haus war verlassen. Die Tür stand auf. Komisch, aber irgendwie erwartet nach dem Beobachteten vor wenigen Tagen. Aber dieser Dunst, dieser Geruch… er kam aus dem inneren des Ortes. Schnüffel. Sie entschlossen sich nachzuschauen. Um die Ecke. Schock. Leichen lagen dort. Seltsam entstellt. Es waren Menschen aus dem Ort, das erkannten sie. Was war hier passiert? Schnell weiter… oder schnell wegrennen? Weiter. Tapps Tapps.

Die Ortsmitte sahen sie schon von weitem. In der Mitte des Dorfplates stand ein riesiger Kessel, Dampf und Nebel stieg aus ihm aus. Die Quelle des Geruchs. Links und Rechts Leichen.Fiep Fiep.. nachschauen. Der Platz selbst war bis auf den Kessel leer. Sie rannten hin, schauten sich beim laufen um. Nichts. Stille.

Was mag in den Kessel sein, und wir kam er her? Was passierte hier mit den Menschen?

Fiep… Fiep, Kommando Vorsicht. Hinter dem Kessel lagen noch zwei Leichen, direkt daneben. Sie blickten sich an. Ein Jammern für jeden Menschen unhörbar aber doch wie ein Schrei im Ultraschallbereich gellte durch die Nacht. Es waren IHRE Menschen. Ihre Freunde die dort lagen. Direkt neben dem Kessel.

Wenn Ratten sehr traurig sind, dann merkt man es nicht an den Tränen, sondern nur daran, dass ihr Lachen verstummt und sie alleine daliegen wollen.

Was war hier passiert? Tod… überall Tod. Selbst die Luft schien zu sterben.

Ein jeder von ihnen tippelte auf einen der Brüder zu. Sie schnupperten an ihnen, ein weiteres für Menschen nicht hörbares Jammern. Dann schmiegte sich ein jeder an die Seite einer Leiche. Rollten sich ein und schlossen die Augen. Der Hunger war gegangen.

Kaum merkbar bewegte eine der Leichen einen Finger…

6 Antworten auf „Auf leisen Pfoten“

Schön… Es gefällt mir unglaublich gut, daß der Leser so nah bei den Ratten ist. Ihre Art die Welt wahrzunehmen ermöglicht eine ganz spannende, interessante Perspektive. Wird es so weitergehen? Es würde mich freuen. Kleine Knopfaugen sehen manchmal mehr, feine Schnurrbarthaare bemerken manchmal Dinge, die wir gar nicht ahnen, und der Verstand einer Ratte scheint miunter schneller und eiliger zu arbeiten als der unsere. Ja, ich denke, es kann nicht genug Rattengeschichten geben auf der Welt. 🙂

„Warum schreiben Sie immer nur über Mäuse und nie über Ratten? Warum machen alle anderen es genauso? Die Ratten unter uns fühlen sich gekränkt.“ – B. Wersba –

Hieran wollte ich jetzt nicht mehr weiterschreiben. Ich denke das kann gut alleine stehen. Nicht alles muss erzählt werden.

Das meine ich aber auch… Los, Khylon, gebt Euch einen Ruck! (Darf man versuchen Untote zu umgarnen, oder wird dann eine Mumie draus?)

Noch immer in Hoffnung auf mehr,
Eure ergebene Jägerin.

Es heisst ja nicht, dass ich nichts mehr schreibe. Aber diese Geschichte ist damit abgeschlossen. So hab ich es mir überlegt. Ich mag den Schluss und wenn ich da weitermache ist er nicht mehr wie ich es mir vorgestellt habe.

Ich hoffe auch, dass der „Blick der Ratten“ uns noch mal erfreuen wird. Es gibt doch noch so viel, was die Untoten erlebt haben …

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