Nurm hatte den Tauren tatsächlich gefunden. Die großen, zottigen Tauren sind eigentlich nicht zu übersehen, doch dieser Taure hielt sich hinter dem Eingang einer Gruft versteckt. In einer dunklen Ecke an einem dunklen Ort. Nurm hatte ihn gefunden, doch sein Erfolgsgefühl erhielt sogleich einen Dämpfer. Er hatte damit gerechnet, eine Art Lehrer zu finden, der ihm die Lehren der Priesterschaft unterwies. Doch alles, was der Taure gesagt hatte, war:
"Ah, gut, dass Ihr kommt. Nehmt dies und liefert dies beim Apotheker in Wegkreuz in Kalimdor ab."
Der Taure hatte ihm einen kleinen Beutel hingehalten.
"Für Euren Aufwand gebe ich Euch drei Silberstücke."
Zu verdattert, um anders zu reagieren, nahm Nurm den Beutel und das Silber entgegen. Nurm wandte sich zum Gehen ab.
"Ja ja, geht nur ", spornte ihn der Taure an, " Es wird sich alles zurecht fügen, glaubt mir."
Nurm blinzelte ihn an.
"Was habt Ihr ?", fragte der Taure.
Nurm schüttelte nur den Kopf und machte sich auf den Weg nach Unterstadt. Von dort wußte er, dass fliegende Luftschiffe, von den Goblins konstruiert, auch Zeppeline genannt, zum Kontinent Kalimdor hinübersetzten. Mit dem Silber würde er sich eine Passage kaufen können. Wenn er in Kalimdor war, würde er weitersehen. Ein seltsamer Weg, der ihm das Licht wies. Ein gefährliches Knurren ließ Nurm innehalten. Der Priester sah auf. Vor ihm stand mit fletschenden Zähnen ein mit weißem Fell bewachsenes, wolfsähnliches Wesen. Geifer tropfte von seinen großen, gelblichen Fangzähnen, die ihm viel zu groß aus dem Maul wuchsen. Eine krallenbewehrte Pranke fuhr auf den Untoten herab, doch Nurm wich erschrocken ein paar Schritte zurück und entging somit dem grausamen Hieb. Doch auch hinter ihm ertönte ein tiefes, tierisches Grollen. Langsam sah Nurm um sich. Hinter ihm war ein zottiger Bär, der ihn mit wilden Augen anstarrte. Nurm stieß ein Schreckschrei aus, nahm den Saum seiner Robe in die Hand und rannte los. Er hatte noch genügend Geistesblitz, um sich einen Schutzschild zu wirken, der ihn vor den wilden Attacken des Bären und des Wolfswesen schützte. Verängstigt stolperte er vorwärts, fiel gelegentlich über im Unterholz verborgene Steine, und hetzte tiefer in den Silberwald hinein. Dann ging ihm die Puste aus. Um den Tod, den wohl endgültigen Tod, in die Augen zu sehen, wandte sich Nurm schweratmend um. Das Wolfswesen und der Bär kamen zähnefletschend näher. Nurm wunderte sich nicht darüber, dass die beiden Wesen sich nicht gegenseitig zerfleischten, da er doch die Flucht ergriffen hatte. Er war das schwächere Opfer, punktum. Ein Gemurmel stieg hinter ihm auf. Nichts Gutes ahnend drehte Nurm sich um. Er bemerkte, dass er sich auf einem alten Ackerfeld befand, unweit eines halb zerfallenden Bauernhofes, und das alte Feld, welches auch sicherlich bessere Tage mal erlebt hatte, war überfüllt mit kleinen, dachsähnlichen Wesen, die in einfacher Ledertracht gekleidet waren, und mit einfachen, aber wohl scharfen Gegenständen ausgestattet waren. Über ein Dutzend dieser Wesen starrten Nurm aus blutunterlaufenen Augen an. In eine ausweglose Situation gedrängt, wußte Nurm sich nicht anders zu helfen…und stieß einen gellenden Schrei aus. Zu Nurms Erstaunen stutzten die Kreaturen und suchten eilends das Weite. Auch der Bär und das Wolfswesen liefen kopflos hier hin und dort hin. Nurm beschloss kurzerhand den Augenblick zu nutzen, raffte seine Robe zusammen und lief erneut los. Dass er mehrere Wesen, die ihm eben noch nach dem untoten Leben trachteten, erfolgreich in die Flucht geschlagen hatte, erfüllte ihn mit neuer Kraft und mit einer erstaunlichen Leichtigkeit erreichte er Tirisfal. Vor dem dunklen, wolkenverhangenen Himmel erkannte Nurm, dass ich der Zepplin bereits näherte. Er spurtete die Stufen des Zeppelinturmes hinauf und erreichte just in dem Moment, in dem der Zeppelin anlegte, die Landeplattform. Der grüne Goblin, der auf der Plattform stand, musterte Nurm von oben bis unten, rüpfte die Nase und hielt die Hand auf. Nurm verstand und gab ihm eine Silbermünze. Der Goblin schien damit zufrieden zu sein und winkte ihn durch, aufs Luftschiff. Nurm zögerte.
"Ja ja, geht nur ", spornte ihn der Goblin an, " Es wird sich alles zurecht fügen, glaubt mir."
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Eine Antwort auf „Der erste Auftrag“
Spätestens dem Goblin hätte ich für diesen Satz kräftig gegen sein Schienbein getreten… Der junge Priester könnte mich sicher einiges zum Thema Geduld lehren. 😉