Die Erkenntnis, dass etwas nicht stimmte, überkam ihn, bevor er die Augen aufgeschlagen hatte. Das letzte, woran sich Nurm erinnern konnte, war, dass er mit Gorrtak, dem Krieger der Finsteren Streiter, zusammen in Azsahara unterwegs gewesen war. Doch dann…Nurm blinzelte. Er lag auf einem steinernen Altar. Über ihm befand sich kein freier Himmel, sondern eine gewölbte Mauerdecke, die ihm vage bekannt vor kam. Er setzte sich auf, seine Knochen scharbten über die Steinfläche. Nun, er war noch immer tot. Ein Untoter. Ein Verlassener. Und er lag in einer Gruft. Sein Schäden dröhnte.
„Beim Licht“, seufzte er.
Nurm setzte sich auftrecht und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Er konnte sich noch daran erinnern, wie der Orc entnervt seine Fragen beantwortet hatte, während sie den Strand von Azshara entlang gegangen waren. Und dann hatte die Welt, wie er sie bislang gekannt hatte, auf den Kopf gestanden. Er sah noch Gorrtaks entsetzten Blick vor sich. Die Erde hatte sich vor Ihnen aufgetan, ihre Händen hatte keinen Halt gefunden…und sie waren gestürzt.
Eine alte Holztür öffnete sich quietschend und ein unruhiger Fackelschein erhellte daraufhin den Raum.
Nurm hob beruhigend die Hand.
„Ja, ich bin wach.“
Der Wachposten hielt überrascht inne, doch dann nickte er.
„Man erlebt noch immer Überraschungen, dass muss man ja sagen. Meist sind die Neuen nach dem Erwachen noch ziemlich orientierungslos und hardern mit ihrem Schicksal. Dem anderen hätte ich am liebsten mit meinem Schießeisen erlöst, aber Morris hielt es für keine gute Idee.“ Der Untote gackerte und sah Nurm dann scharf an. „Irgendwie kommt Ihr mir bekannt vor….“
„Licht über Euch, mein Sohn, Ihr täuscht Euch nicht. Wer hat mich hierher gebracht? Denn gewiss habe ich mich hier nicht allein hingelegt und der … Unfall ereignete sich weit von hier entfernt.“
Der Untote kratzte sich sich ein paar Fleischfetzen von seinem Kinn, während er überlegte.
„Hmm…ach, Ihr wart das.“ Er gackerte erneut. „Ich hatte gerade dienstfrei, als Ihr gebracht wurdet, aber Morris hatte mir die Geschichte erzählt. Es war schon ein wenig seltsam.“
Nurm kletterte vom Altar hinunter und fasste den Fackelträger an die Schulter.
„Lasst uns nach oben gehen und erzählt mir die Geschichte.“
Der Fackelträger ging ein wenig voraus und gemeinsam gingen sie die schmale Steintreppe nach oben.
„Ein großer Orc-Krieger hat Euch hierher gebracht. Ihr sollt ziemlich…mitgenommen ausgesehen haben. Jedenfalls meinte die Valkyren, es wäre besser, Euch unter der Erde zu betten…“
„Die Valkyren?“, hakte Nurm nach.
Der Fackelträger nickte.
„Ihr scheint den neuen Weg des Erweckens noch nicht zu kennen.Die Valkyren stehen nun im Dienste von Lady Sylvanna und es nicht mehr erforderlich, die frisch Verstorbenen in eine Gruft zu betten und die Erweckung abzuwarten.“ Der Untote gackerte ohne ersichtlichen Grund. „Jedenfalls legten wir eine Gruft für Euch frei. Der Orc war selbst dem Tode nahe, doch er wollte nicht bleiben. Ich kann es ihm nicht verdenken. Hehehe!“
Sie betraten die Oberfläche und Nurm sah sich überrascht um.
„Es hat sich viel verändert.“
„Jaja, das hat es. Hehehe. Der Drache hat getobt und das haben wir nun davon. Hehehe.“
Nurms Blick fiel auf eine entfernte Lichtgestalt, die neben einem Untoten schwebte und sich mit ihm unterhielt. Der Untote verbeugte sich, ging ein paar Schritte und wurde von der Lichtgestalt zurückgerufen.
„Fürchtet die Lebenden!“, vernahm Nurm als Wortfetzen.
„Die Valkyren“, fragte Nurm. „Stehen Sie nicht im Dienste des Lichkönigs?“
Der Fackelträger gackerte.
„Der Lichkönig ist nicht mehr. Und nicht alle Valkyren standen in seinem Dienst. So richtig verstanden habe ich das auch nicht. Aber diese hier“, der Untote deutete auf die Lichtgestalt, die Nurm bereits erblickt hatte, aber auch auf andere, die über Gräber schwebten, „diese hier stehen auf unsere Seite.“
Nurm sah sich weiter um. Alles hatte sich verändert. Neue Gräber waren entstanden, alte Gebäude waren neue gewichen, das Land hatte sich gleichermaßen gesenkt und gehoben. Er schien in einer fremden Welt zu sein.
„Morris. Der den Orc gesehen hat. Wo ist er?“, fragte Nurm.
Der Fackelträger zeigte auf Jemanden, der gerade ein Grab aushob. Nurm nickte und verabschiedete sich.
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