Kategorien
Aanug

Neue Wege

Das Sonnenlicht brannte in ihren Augen, als sie die Stadttore hinter sich ließ. Go’el hatte es sich nicht nehmen lassen sie persönlich zu begleiten, und so gingen sie nun gemeinsam die Straße gen Süden hinunter, begleitet von einigen Wildtieren, die Aanug hungrig beäugten, gleichzeitig aber ängstlich darauf bedacht waren Abstand zu dem großen Orc zu halten, der Gefahr ausstrahlte. Solange der Jäger die Beute begleitete, würden sie keinen Angriff wagen, um nicht selbst zum Gejagten zu werden.

„Ich will nicht, daß du gehst“, hatte er ihr am Morgen gesagt. Sie hatte ihn an sich gedrückt und erwidert: „Ich weiß. Und ich danke dir dafür, daß du mich dennoch ziehen lässt.“ Jetzt nutzte er die Zeit für alle guten Ratschläge, die ihm in den Sinn kamen.

„Hüte dich vor den Hauern der Eber. Sie können dich schwer verwunden, und wenn du erst auf dem Boden liegst, hast du verloren. Versuche ihnen den Dolch seitlich durch den Brustkorb zu rammen, das ist sicherer. Achte auf deine Füße. Die Gegend ist voller Skorpide. Sie sind leicht zu übersehen, doch ihr Gift wirkt stark. Wenn du einer Harpyie begegnest, halte dir die Ohren zusobald sie den Mund zum Schrei öffnet, sonst wird sie dich lähmen. Ziehe nie mit schlechter Ausrüstung los, auch wenn du eine sichere Reise erwartest. Du weißt nie, was passiert. Rechne immer damit vom Feind überrascht zu werden. Wenn der Gegner zu viele sind, spiele nicht den Helden. Versuch sie aufzuhalten und abzulenken und renn um dein Leben. Such nach Verbündeten. Geh niemals allein in unerforschte Gewölbe. Nimm keine Aufträge an, denen du noch nicht gewachsen bist. Wage dich nicht in Gebiete, die für einen Streiter deines Ausbildungsstandes zu gefährlich sind. Trage immer genug Nahrung und Wasser bei dir. Lege nach jedem Kampf eine Ruhepause ein, damit du frisch in den nächsten ziehst.“

„Go’el!“

Sie blieb stehen, legte einen Finger auf seine Lippen und küsste ihn auf die Stirn.

„Vertrau mir. Mir wird nichts geschehen.“

Er seufzte nur und warf einen finsteren Blick auf den Klingenhügel, der für seinen Geschmack viel zu schnell zu nahe kam.

„Zeig mir deine Waffe.“

Sie zückte ihren Dolch und legte ihn in seine ausgestreckte Hand. Er nickte anerkennend.

„Ein sehr schönes Stück. Hervorragende Arbeit. Das wird genügen für den Anfang. Woher hast du ihn?“

Sie berichtete von ihrer Ankunft in Orgrimmar und von dem verletzten Schmied, der ihr mit diesem Dolch für ihre Heilkunst gedankt hatte. Schließlich erreichten sie den Klingenhügel, wo Aanugs neue Ausbildung beginnen sollte. Eine Ausbildung, in der es um den richtigen Gebrauch von Waffe und Schild, Schutz- und Schockzauber ging statt um Verbände und Heilungssprüche. Sie würde lernen zu überleben, um eines Tages den Weg zum Oshu’gun zu überstehen.

Go’el pfiff seinen Reitwolf heran. Die Zeit des Abschiednehmens war gekommen.

„Nun lasse ich dich also mitten in die Gefahr rennen… Sag mir, Aanug – hätte ich irgend etwas anders machen können? Hätte ich irgend etwas unternehmen können, um dein wildes Herz zu zähmen?“

Sie lächelte.

„Nein, Go’el. Und das weißt du auch. Ich habe mein Schicksal so wie du das deine, und es ist nicht möglich sich dem zu verschließen. Wir müssen unserer Bestimmung folgen.“

„Dann muss ich dich jetzt wohl verlassen, nicht wahr?“

Sie nickte.

„Wenn du den Abschied noch länger hinauszögerst, dichtet man uns am Ende doch noch eine Romanze an. Und was würde JAIIIIIIIIIINAAAA davon halten?“

Sie zog den Namen theatralisch in die Länge und lachte. Er rollte mit den Augen.

„Da ist nichts zwischen – ach, vergiss es. Denk doch, was du willst, flâgît!“

Er saß auf, gab dem Wolf aber noch nicht die Sporen. Sie legte ihm eine Hand auf den Arm und blickte ihn ernst an.

„Ich kenne dich zu lange, Go’el. Lass dir nicht das Herz brechen, während ich fort bin. Gib auf dich acht.“

Er nickte nur, drückte ein letztes Mal ihre Hand und ritt los. Einmal noch drehte er sich um.

„Aanug!“ rief er.

„Was denn jetzt noch?“ schrie sie.

„Bleib am Leben. Das ist ein Befehl!“

„Dummer Junge“, murmelte sie, „als ob ich jemals auf seine Befehle gehört hätte!“

Sie sah ihm nach, bis er hinter einer Staubwolke verschwand. Dann machte sie sich auf die Suche nach ihrem neuen Lehrer.

Schreibe einen Kommentar